Dienstag, September 22, 2009

Änderung der Verfassung?

Es trifft mich wie der Schlag: Lindgründ (sozusagen Lindwurmgrün) auf schwarz blickt mich Angie an, die Hände in konzentrierter aber bestimmter Geste verschwurbelt. Darüber ein weißen Lettern: Wir wählen die Kanzlerin. Das "Wir" trendgerecht mit den Bundesfarben unterlegt.
Wer bitte, ist denn hier "wir"?

Wer im Politikunterricht aufgepaßt hat, weiß, dass der Bundeskanzler vom Bundestag gewählt wird. (Übrigens wählen auch die Amerikaner ihren Präsidenten nicht direkt.) In Angies Werbefalle heißt das dann doch, dass entweder der Bundestag das Plakat finanziert hat und schon klar bestimmt, wer Bundeskanzler wird, (dann brauchen wir ja nimmer wählen gehen) oder dass das Wahlrecht geändert wurde und irgendwer anders den Bundeskanzler wählt.

Vielleicht soll es ja auch heißen, dass Angie von sich selbst nur noch im pluralis majestatis (ähm, heißt es dann: Frau Bundeskanzler, würdet Ihr bitte....?) spricht und sich schlicht selbst wählt. Möglicherweise hat sie auch eine multiple Persönlichkeit.

Sicher ist jedenfalls, dass ich persönlich nicht gemeint sein kann, dann 1. wähle ich keinesfalls die CDU, 2. sitze ich nicht im Bundestag, 3. lasse ich mir keinesfalls vorschreiben, was ich zu wählen habe und 4. erinnert mich die Farbe des Jäckchens doch zu sehr an Lindwürmer. Und bei Lindwürmern denke ich an grauslige Dinge.

Mittwoch, September 02, 2009

Das Ü-Ei-Prinzip

Da sage mal einer, die Provinz habe keine Innovationen zu bieten. Geseke hat das Ü-Ei-Prinzip entwickelt.

Die Vorteile sind klar: Hoher Spaßfaktor, allgemeine Bekanntheit der Funktionsweise, Befriedigung des kindlichen Spieltriebes auch bei Erwachsenen und vor allem: eindeutige und klare Entscheidungen.

Die Funktionsweise ist schnell erklärt:
Schwankt man zwischen zwei Möglichkeiten und kann sich (warum auch immer) so gaaar nicht entscheiden, organisiert man sich fix zwei Ü-Eier, schnuckert die Schoki schnell weg und nutzt diese wunderbaren gelben Plastikgeräte als Prinzip Hoffnung. Strom aus Lippstadt oder doch lieber nicht? Hach......Alkohol in der Öffentlichkeit oder lieber nicht? Ohje....noch schwieriger....Das Ü-Ei-Prinzip macht endgültig Schluss mit elendig langen Diskussionen.
Klingt merkwürdig, ist aber ein genialer Weg wenn es nachher keiner schuld sein will.

Ok, Münze werfen ginge auch, wäre aber nun wirklich nicht so lustig und lecker. Und nicht so gut für die Wirtschaft....also die Ü-Ei-Produktion.

Netter Nebeneffekt: Trifft man viele Entscheidungen auf diese Art, kann man sich als Stadt eine erquickende Sammlung aufbauen, die möglicherweise sogar versilbert werden kann - wenn man lange genug wartet und immer fein auf die Figürchen aufpasst.

...bis auf Weiteres geschlossen....

Seit gefühlten Monaten trübt der Betrieb einer Kneipe das Geseker Wohlgefühl. Im "Hexenkessel" bietet der Wirt Longdrinks zum Schnapperpreis - und der Laden ist rappelvoll. An sich keine schlechte Sache, wäre da nicht die Tatsache, dass der Laden überwiegend von Teens frequentiert wird, die sich mit dem Hexentrank ins Koma saufen. Die üblichen Folgeschäden sind in der Innenstadt zu bewundern und spät nachts auch zu hören. Und es ist nicht wirklich witzig, wenn Scheiben eingeschlagen werden, Autos neue Verzierungen erhalten oder sonstige Gegenstände durch die Straßen fliegen.

Andererseits: Wo sollen die Jugendlichen denn hin? Wo können sie sich treffen?

Ehrlichgesagt in Geseke eigentlich nur in Kneipen oder auf der Straße, denn das JUZ ist zu.

"JUZ Geseke zur Zeit geschlossen !

Aus Krankheitsgründen bleibt das Jugendzentrum ab sofort bis auf Weiteres geschlossen.
Eine Wiedereröffnung wird voraussichtlich nicht vor Mitte/Ende September erfolgen."


So steht es im Internet zu lesen.

Es ist schon sehr mopsig, das Hexentreiben zu kritisieren, aber keine Gegenangebote zu machen.

Dienstag, September 01, 2009

Bürgermeisterwahl 2014?

Angesichts des aktuellen Wahlergebnisses darf und muss man sich ja wohl fragen, was passiert wäre, wenn auch das Amt des Bürgermeisters zur Wahl gestanden hätte. 2005 ging es denkbar knapp aus.

Frage: Warum wurde eigentlich der Bürgermeister nicht gewählt? Antwort: Weil die letzte Bürgermeisterwahl innerhalb der laufenden Wahlperiode stattfand. Hmmmm.....

Pikant an der Sache ist: Die Stimme des Bürgermeisters ist genau die eine Stimme, die nun der schwarz-gelben Koalition in Lippstadt das Regieren überhaupt noch ermöglicht.Doppeltes Hmmm....

Interviews mit dem Wahlsieger

Am Wahlabend fand die größte Fete in Lippstadt im "Goldenen Anker" statt. Bereits nach den ersten Hochrechnungen macht sich Partystimmung breit. Gemeinsam mit Stadt-TV wollen wir diesen Abend begleiten. Die etablierten Parteien gucken andernorts in die Röhre - hier ist der Bürger zu finden. Ein grandioser Sieg zeichnet sich ab und entsprechend positiv blicken die Menschen auf die Bildschirme.
Max K. (24) ordert beim Wirt erstmal eine Lage Caipirinha und strahlt glücklich: "Super, mit einem solch tollen Ergebnis hatten wir nicht gerechnet!" - und verschwindet seelig lächelnd im Gewühl. Jede neue Hochrechnung bestätigt den Trend. Nun sind es schon deutlich über 50% - da dürfen die Spitzenkandidaten sich durchaus als Wahlsieger fühlen. Mareike M, (42), Spitzenkandidatin im Bereich Ortsmitte, kämpft sich an der Seite von Heiko D. (53), Zweiter auf der Liste, den Weg durch die begeisterten Anhänger zu unserer Interviewtheke frei. Viele Hände muss sie schütteln, politische Freude klopfen ihr auf die Schulter. Applaus brandet auf. "Yes, we can!" - schallt es aus den Kehlen.


A.: Frau M, herzlichen Glückwunsch zunächst zu dem sehr beachtlichen Ergebnis. Hatten Sie mit einem solchen Erdrutsch bei den etablierten Parteien gerechnet?

M: Danke, vielen Dank. Zunächst möchte ich mich bei meinen Wählern bedanken, die mich in den letzten Wochen engagiert unterstützt haben. Das Ergebnis ist eine deutliche Abmahnung an unsere etablierten Kommunalpolitiker. Viele Menschen in unserer Stadt haben einfach die Nase voll vom generationenlangen Parteienfilz, nichtgehalteten Versprechen und persönlicher Arroganz mancher Volksvertreter. Es wurde Zeit, dass wir auf den Plan treten.

A.: Frau M, besonders die Auseinandersetzung um die zahlreichen Großprojekte in Lippstadt hat ihnen offensichtlich viele Stimmen gebracht. Was ist da passiert?

M.: Nun, der Bürger läßt sich halt nicht mehr verschaukeln. Wir sehen ja, dass in Lippstadt Stillstand statt Fortschritt herrscht. Es nützt auch wenig, wenn in der heimatlichen Presse vollmundige Artikel erscheinen. Der Bürger geht mit offenen Augen durch die Stadt und sieht die Missstände täglich. Schönreden hilft da nichts mehr. Erst wurde lange über das Güterbahnhof-Projekt schwadroniert. Von einmaligen Chancen für Lippstadt war die Rede - und was ist? Nix. (Applaus brandet auf.)

A.: Herr D., auch Ihnen herzlichen Glückwunsch. Sie haben in den letzten Wochen in Ihrem Wahlkampf besonders die Familienpolitik in den Vordergrund gestellt.

D.: Naja, wohl eher das Fehlen politischer Ansätze in diesem Bereich. Gesamtschule - ewig lange Hinhalteparolen und das taktische Aussitzen der Verantwortlichen. Nun die Streitereien über den Standort. Freibad? Allwetterbad? Die Sache hat auch einen Bart bis nach Düsseldorf. Unsere Wähler wollen Fakten und Projekte, die angefaßt werden - vom ewigen Reden wird die Situation nicht besser. Unsere Schulen gleichen einem Trödelmarkt.

A.: Wie sehen Sie die Möglichkeiten ihrer Partei nun gestalterisch einzugreifen?

D.: Wir stehen für Transparenz, schnelles Handeln und Bürgernähe. Politik vom Bürger für den Bürger. Dazu werden einige alte Zöpfe abgeschnitten. Das werden wir nun im Stadtrat umsetzen. Kein Gerede mehr, sondern Taten.

A.: Ich danke Ihnen für die schnelle Einschätzung und das Gespräch. Ihre Partei ist nun zu einer wichtigen Kraft geworden.

Eine neue Hochrechnung kommt herein: Fast 55% - das hätte keiner für möglich gehalten.

Mit dem amtlichen Endergebnis ist klar: Definitiv gewonnen haben die Nichtwähler mit 58% - das kann sich sehen lassen.