Donnerstag, Oktober 29, 2009

Leserbrief in eigener Sache des Verlegers

Wie ich seit heute weiß, ist der Posten eines stellvertretenden Bürgermeisters angesichts der abzuleistenden Repräsentationsstunden bei diversen Veranstaltungen nicht sonderlich lukrativ. Wer will sich schon, wenn er nicht ein grenzenloser Exibitionist ist, die Wochenenden derart vergeigen lassen?

Aber dennoch regt sich Neid oder ist es nur eine Art Reflex? Jedenfalls stellte ich heute morgen bei der Lektüre meiner sehr geschätzten Heimatzeitung fest, dass "Lück inne Porz ze hänge" (für Westfalen: wörtlich bedeutet das "Menschen in die Tür zu hängen" sprich: über Menschen öffentlich herzuziehen) mittlerweile gesellschaftlich goutiert wird. Jedenfalls im ach so katholischen Westfalen. Wie war das doch noch mit dem Splitter im Auge des Anderen und dem Balken? Aber das Wörtchen "christlich" ist offenbar sehr dehnbar.

Es ist sogar möglich, Menschen ganz öffentlich der Gier zu bezichtigen, wobei ich nun angesichts der doch recht mäßigen Entlohnung für die politische Tätigkeit den im Leserbrief vorgeführten Herrn nicht in die Nähe von Ackermann und Konsorten stellen würde. Aber das am Rande.....

Vielmehr irritiert mich,was MGH mir da als Leserbrief verkaufen will? Und vor allem wen als Leser? Nun, für einen Verleger und sei er auch nicht mehr derart aktiv, wie in seinen besten Jahren, sollte es wohl selbstverständlich sein, sein Blatt auch zu lesen. Insofern ist er schon ein Leser, wie ich hoffe.
Doch allen Ernstes für einen derart persönlichen Angriff, der auf Hörensagen beruht und wo es noch dazu um lächerliche, geradezu kleinkrämerliche Summen geht, einen Leserbrief zu fingieren, ist grober Unfug.
Unter "In eigener Sache" wäre diese Verbalattacke auch nicht recht plaziert, immerhin geht es nicht um die "Sache" (und schon mal gar nicht in sachlicher Form), sondern es geht ganz eindeutig um einen einzigen Menschen, der hier öffentlich demontiert werden soll.
Mies, ganz mies.

Wem nützt es?
Der CDU als Partei in Lippstadt gewiss nicht. Solche Schlammschlachten sollten vernünftige Menschen unter sich ausmachen.
Dem Verfasser des "Briefes" vielleicht. Immerhin fühlt er sich, wie ich hoffe, nun besser. Quasi ein therapeutischer Akt.
Der Front um besagten Leserbriefschreiber auch nicht.
Eigentlich hat nur der geneigte und hoffentlich mit Verstand gesegnete Leser etwas davon, nämlich eine Erkenntnis und aus dieser kann er seine Schlüsse ziehen. Nach der Wahl ist vor der Wahl und bald gehts wieder los mit dem Gerangel um die Wählergunst.

Dienstag, Oktober 27, 2009

Die Lippstädter CDU und die Dekonstruktion

Die Folgen der geradezu possenhaften Selbstzerstörung der CDU treiben immer beachtenswertere Blüten. So liest der interessierte Bürger, dass nun die Pöstchen im Lippstädter Stadtrat frei nach dem Prinzip der Reise nach Jerusalem neu besetzt wurden.

Viel spannender ist aber die schon poststrukturalistsch zu nennende Verhaltensweise der CDU. Betrachtet man die CDU nicht als Partei, sondern in einer anderen Funktion als "Gegenstand", der sich selbst thematisiert, drängen sich Assoziationen mit der Dekonstruktion geradezu auf. Kurz zum Auffrischen hier ein Einblick:

"Die Dekonstruktion geht grundsätzlich davon aus, dass die Thematisierung bestimmter Gegenstände (...) andere zugleich ausgrenzt. Anstatt nur auf explizit mitgeteilte Information konzentrieren sich dekonstruktivistische Analysen daher auch und besonders auf diejenigen Faktoren, welche diese Thematisierung erst ermöglichen.(...)Dies ermöglicht dann Fragen zu stellen wie: welche Ausgrenzungs- und Etablierungsmechanismen, welche Strategien des Glaubwürdigmachens, welche hierarchischen Strukturen eines Signifikantengefüges erlauben, das entsprechende materielle Gefüge als sinnhaften Bedeutungsträger zu verstehen und auf eine bestimmte Bedeutung oder „Aussageabsicht“ zu reduzieren? An welche Konstitutionsbedingungen sind die entsprechenden Sinn- und Geltungsansprüche gebunden? Dies kann insbesondere auch Konflikthaftigkeit, Aggressivität, verdeckte Gehalte und Intentionen sichtbar machen."

Tja, treffender kann man die aktuelle Situation eigentlich nicht beschreiben. Im Klartext, die CDU betrachtet sich sozusagen gerade selbst als Gegenstand durch die dekonstruktivistische Brille und enttarnt damit alle diese bekannten Mechanismen: die Ausgrenzungen andersdenkender Mitglieder, die jahrelangen Etablierungstechniken, die Metaebene der politischen Aussagen, die stets verdeckten Strukturen hinter dem Offensichtlichen.
Und leider (oder glücklicherweise) kommen so auch die kleinen, teils miesen Emotionen ans Tageslicht.

Samstag, Oktober 24, 2009

Weiter so, CDU - Neues von der Bartmann-Salmen-Front

Schon klar, dass nun alles unklar ist - jedenfalls was die neuen Mehrheiten, aktuelle Listen und überhaupt den Lippstädter Stadtrat angeht.
Schon klar, dass da mit Sicherheit viele Köpfe hochrot angelaufen sind.
Auch völlig verständlich, dass die Lippstädter FDP im Moment keine Lust verspürt mit auf dem sinkenden Schiff über die Lippe zu gondeln. Würde ich an deren Stelle ja auch lassen.

"Bernd Neuhoff, Fraktionsvorsitzender der FDP, bestätigt die geplante Listenverbindung mit SPD und Grünen. Da sei es am ehesten möglich, eigene Inhalte durchzusetzen, so sagt er und führt gleichfalls Sach- und Fachkriterien als maßgebend ins Feld. Zwar stehe man grundsätzlich der CDU näher, aber mit Blick auf die momentan so desolate Verfassung der Lippstädter CDU könne man die nicht als verlässlichen Partner sehen, fügt der Sprecher der Liberalen hinzu. Neuhoff: „Das ist ein Sonderfall“. Vorausgegangen seien dieser Entscheidung viele Gespräche mit den anderen Fraktionen."

Sehr nett und auch amüsant sind die möglichen Folgen des CDUinternen Wirrwarrs:

"SPD-Fraktionschef Hans-Joachim Kayser sprach zwar gegenüber unserer Zeitung von einer „unklaren Gemengelage“. Er hofft aber, dass bei der Ratssitzung am Montag die Überraschung gelingt und die „Ampel-Liste“ zum Zuge kommt - womit dann die CDU, jahrelang die dominierende Kraft im Rathaus, das Nachsehen haben dürfte bei der Besetzung der Bürgermeister-Posten, Rats-Ausschüsse und Aufsichtsräte der städtischen Gesellschaften.
Demnach könnte Sabine Pfeffer (SPD) erste stellvertretende Bürgermeisterin werden - ein Amt, das bislang die CDU als größte Ratsfraktion inne hat. FDP-Chef Dr. Bernd Neuhoff fiele der Vorsitz im wichtigen Planungsausschuss zu (bisher CDU). Und SPD-Fraktionschef Hans-Joachim Kayser könnte als Vorsitzender des Sparkassen-Verwaltungsrats Bürgermeister Christof Sommer (CDU) verdrängen."

Ich werde nun nicht behaupten, dass ich Mitleid mit der CDU empfinden. Immerhin sie sich ja den Ast auf dem sie sitzt selbst abgesägt...ach, was rede ich, wohl eher schon den ganzen Stamm. Soviel Blödheit geht ja auf keine Kuhhaut mehr.

Aber völlig daneben ist wohl der Eintrag der guten Hannelore Bartmann-Salmen im Forum meiner geschätzen Heimatzeitung:

"von Hannelore Bartmann-Salmen, am 24.10.09, 12:47 Uhr
Alleine hätte Herr Hammer niemals soviel Unheil für die CDU Lippstadts anrichten können.Darum muss man fairerweise den geistigen Urheber benennen ,der Herrn Hammer instrumentalisiert hat . WILHELM BÖRSKENS ."

Das, mit Verlaub, ist ja nun unterste Schublade! Ich musste ja erst zweimal hingucken, bevor ich die merkwürdige Präsentation des öffentlichen Spießrutenlaufens verstand. Sorry, oder besser kein sorry, das geht nunmal gar nicht und damit hat sich Frau Bartmann-Salmen für mich auch definitiv endgültig ins politische Off geschossen. Hoffentlich bleibt sie da.

Samstag, Oktober 17, 2009

Lippstädter CDU in der Krise?

Wie hinlänglich bekannt, sind die Mehrheitsverhältnisse im Lippstädter Stadtrat recht dürftig. Die CDU musste nach den doch deutlichen Stimmverlusten nach der Kommunalwahl von ihrem sicheren Pölsterchen Abschied nehmen, was bei mir persönlich nur wenig Mitleid hervorrief.

Kurz nach der Bundestagswahl, die - wir wissen - auch nicht gerade so grandios für die Christdemokraten (ich bin ja sicher, dass die in Lippstadt nur gewählt werden, weil sie das Wörtchen "christlich" im Namen führen)ausging, nun der Hammer aus Lippstadt. Vier CDUler erklären sich zu einer neuen Fraktion, machen richtig Wind und holen mal fix zum Rundumschlag aus. Wie passend, dass den Herren ihr Gewissen erst nach der Wahl schlug - da hatten sie ihre Mandate ja in der Tasche, was auch einigen fleißigen Leserbriefschreibern schon aufgefallen ist.

Es geht wohl um "Lagerdenken" um "persönliche Seilschaften" und um den Vorwurf der "Pöstchenschieberei". Himmel, das sind doch alles alte Hüte! In Lippstadt pfeifen es doch die Miniermotten von den Kastanien, was in Sachen CDU seit Generationen läuft. Apropos, Generationen.......spannend in dieser Hinsicht ist ja Folgendes, was hier nachzulesen ist, aber aus verständlichen Gründen nicht den Weg in meine sehr geschätzte Heimatzeitung gefunden hat.


"Nun meldet sich Pressesprecher Siegfried Pfenninger mit den „wahren Hintergründen” zu Wort.

In Wirklichkeit, so Pfenninger in einer Presseerklärung, passe ihnen nicht, dass der mit einer deutlichen Mehrheit gewählte Werner Bresser neuer CDU-Fraktionsvorsitzender ist.

Die CDU-Lippstadt sei jahrzehntelang „von dem ,System Dr. Michael Laumanns'” dominiert worden, geprägt durch Abhängigkeiten und Bevormundungen”. Zuletzt seien die „Strippen” mit Hannelore Bartmann-Salmen, der damaligen CDU-Stadtverbandsvorsitzenden, gezogen worden, „um die CDU mit ihnen wohlgesonnenen Personen auf ihre Linie zu bringen”. "


Das ist ja nun nicht gerade empathisch oder gar diplomatisch und so langsam beschleicht mich der Verdacht, dass es sich in der Lippstädter CDU offenbar um ein wahrhaft expressionistisches Problem handelt. Arnolt Bronnen (ein doch recht zwielichtiger Autor, das am Rande, aber er passt hier in mehrfacher Hinsicht) forderte: Tötet die Väter. Soviel literaturhistorischen Verstand hätte ich den CDUlern ja gar nicht zugetraut. Immerhin traut sich besagter Herr Pfenniger, von dem übrigens in MGH (meiner geschätzten Heimatzeitung) nicht die Rede war, Ross und Reiter beim Namen zu nennen.

Und was passiert?
Der Bürger steht da und wundert sich.
Frau Bartmann-Salmen bekennt sich als Mobbing-Opfer.

Herr Pfenniger und Herr Hammer haben eigenartige Vorstellungen von Ausgeglichenheit:

"Das Argument „Lagerdenken Kernstadt gegen Ortsteile” mache keinen Sinn: Der im Jahre 2007 gewählte Vorstand des CDU-Stadtverbandes bestehe mehrheitlich aus den Mitgliedern der Ortsunion Lippstadt. Vielmehr sei der Vorstand ausgeglichen besetzt."

Der Kommentator bezeichnet das alles völlig "wertfrei" als Drama.

"Klar dürfte nur soviel sein: Die CDU in LIppstadt erlebt momentan ein ganz trauriges Kapital in ihrer Geschichte...(sic)"

Sorry, aber der politisch halbwegs bewegte Mensch schüttelt da einfach nur noch den Kopf.
Wer sich die Suppe einbrockt, muss sie halt auch auslöffeln. Selbst schuld.

Sonntag, Oktober 04, 2009

Hagen Rether - ein Zyniker?

Ein bisschen gefälliger ist er geworden: Heller Anzug statt schwarzem Sargträgeroutfit, keine Armbinde mehr, dafür ein blitzender Ring an der rechten Hand. Ein bisschen grauer ist er auch geworden, aber nicht altersmilde - wäre auch mit noch nicht ganz 40 etwas zu früh. Wobei: Andere haben in dem Alter schon ihre Memoiren schreiben (und auch lesen) lassen.

Was treibt den Mann nur an, in irgendeiner Stadt in der westfälischen Provinz, die bekanntermaßen schwärzer ist, als die Nacht, aufzutreten? Ist mit auch egal - ich habe mich gefreut. Nennen wir es Seelenverwandtschaft. Nur: Herr Rether verdient sein Geld damit, solche Klarheiten von sich zu geben. Ok, für ein paar Zuschauer waren seine gnadenlosen Analysen und erschreckend zutreffenden Beobachtungen ein bisschen viel - die sind dann halt gegangen.

Ganz so bitter scharfzüngig, wie in den ersten Jahren ist er nicht mehr. Die Kritik in meiner oft geschätzten Heimatzeitung heute nennt ihn zynisch, das trifft es nicht. Dann schon eher die Wertung der Süddeutschen, die Rether als Optimisten bezeichnet.

Zynismus und Moral passen nicht zusammen, sind sich sogar spinnefeind. Eben deswegen stimmt ja auch Rethers Satz, dass Wurst im Eigendarm Zynismus pur sei. Wer gut hinhört, dem wird auffallen, dass Herr Rether ein wahrscheinlich zutiefst moralischer Mensch ist. Vom moralischen Standpunkt aus hat er recht, wenn er den Klerikern ihre amoralische Haltung vorwirft, wenn er das Paradoxon zwischen kirchlicher Lehre und real existentem Katholizismus auf den Punkt bringt.

Ebenso trifft seine Analyse der medialen Welt zu, in der dem achso aufgeklärten Bürger häppchenweise Pseudoskandale kredenzt werden, in der berechtigten Hoffnung, dass die wirklichen Schweinereien im Verborgenen bleiben. Dazu bedarf es keiner Verschwörungstheorie, sondern nur eines wachen Blickes.Und wirklich vielleicht mal Arte und Phoenix nachts um zwei Uhr gucken, kann ich auch nur empfehlen.

Meine geschätze Heimatzeitung reduziert leider Rethers Haltung drastisch, aber um so schmerzfreier:

"Vor ausverkauftem Hause holte Rether zum Rundumschlag aus und ließ kein gutes Haar an den großen Köpfen aus Politik, Medien und Wirtschaft."

Nun von Medienschelte oder Politikerabwatschen war an dem besagten Abend wenig bis nichts zu hören. Viel unangenehmer, wenn überhaupt sind wir selbst schuld an der Misere (wir könnten ja wirklich mal die TAZ lesen, statt mit dem Stern zu verblöden), denn Rether lässt keinen Zweifel daran: "Nur die dümmsten Kälber, wählen ihren Schlachter selber."