Donnerstag, September 02, 2010

Güterbahnhof - Stadthaus statt Mediamarkt?

Ich gebe zu, dieser Sommer war klimatisch eher regnerisch (er war nun wirklich nicht heiß - nur der Frühsommer), doch zaubert mir ein anderer, ein politischer Sommer ein Lächeln ins Gesicht. Ok, es ist nicht nur ein Lächeln - genauer gesagt eine Mischung aus völliger Fassungslosigkeit, diebischer Freude und hohem Spaßfaktor.

Wir erinnern uns: Die Irrungen und Wirrungen um den ehemaligen Güterbahnhof nahmen im Laufe des Jahres schon kafkaeske Züge an. Kaufland kommt, Kaufland übernimmt den alten Hit, Kaufland baut noch einen zweiten Markt, nee, nun doch nicht, aber Mediamarkt kommt sicher. Die Grundstücke sind gekauft, aber irgendwie auch nicht, jedenfalls nicht alle - und Baubeginn war eigentlich schon längst.
Dann wäre da auch noch das Kombibad, der Zustand des Bahnhofs, das Projekt am Südertor....
Der geneigte Bürger mutiert angesichts dieser Sachlage zum zappelnden Käfer.


Nun lese ich heute in meiner geschätzen Heimatzeitung mal wieder von einem weiteren Lieblingskind der Lippstädter Kommunalpolitiker: die bedrückende Enge des Stadthauses. Neubau oder Erweiterung?

„Der Zustand in dem Gebäude ist nicht mehr erträglich“, sprach der Lippstädter Verwaltungschef in dieser Woche im Rahmen eines „Sommergesprächs“ Klartext. Unmissverständlich formulierte der Bürgermeister im Café Nölke vor der Presse seine Forderung nach einer Verbesserung der Situation für die Bediensteten der Stadt - und für die Lippstädter Bürger."

Hmm, für wen ist der Zustand denn in erster Linie so angeblich unerträglich? Wohl weniger für den Bürger, der sich dort ja lediglich zeitweise aufhält. Die Bezeichnung Stadthaus ist ja irreführend. Stadtverwaltersitz wäre treffender, aber das nur am Rande.
Viel faszinierender finde ich die Tatsache, dass man ausgerechnet jetzt damit mal wieder um die Kommunikationsecke kommt. Frei nach dem bekannten Politikermotto: Droht dir Unbill durch stagnierende Projekte, nicht eingehaltene Versprechungen oder gar dem kritischen Bürger, schaffe schnell ein neues Schlachtfeld.
Ist so wie mit dem quengelnden Kind an der Kasse, dem die Mama mal fix nen Ü-Ei kauft, damit es still ist.

Bürger, komm bloß nicht auf die Idee die Stadtverwalter zu nerven. Hier, nimm das Schokoei "Stadthausneubau", ist nur für dich und halt die Backen damit Papa Sommer in Ruhe dösen kann.

Schlicht fassungslos werde ich am Ende des wenig kurzweiligen Artikels:

"Bei den „anderen Optionen“ kommt das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs in Gespräch, wenn sich für das Einkaufszentrum nicht die erforderlichen Mieter finden. Auch am Südertor gibt es bekanntlich noch größere Flächenreserven. Beim Bürgerbüro will der Verwaltungschef jetzt Vollgas geben, beim Stadthaus-Anbau oder Neubau dauere es wohl noch „ein paar Jahre“, räumte Sommer ein."

Was macht diese Nachricht am Ende dieses Artikels? Warum steht das nicht am Anfang? Warum lese ich davon nichts in der Headline? Wäre ich ein böswilliger Mensch, könnte ich auf die Idee kommen, dass es Absicht ist.

Im Klartext: Nix ist es mit den angeblich so sicheren Mietern für das Megabetonprojekt. Nix ist es mit den angeblich so wasserdichten Verträgen, die uns in höchst dubiosen Aktenordnern bidlich immer wieder vor die Nase gehalten wurden.
Nebelbomben (passend zum heutigen Wetter) werden geworfen: angeblich dringend erforderliche Ausschreibungen, angeblich zähe Verhandlungen etc.
Und nun schwenken unsere Stadtverzörgerer völlig schmerzfrei um.....Still und leise wird es dem Bürger, falls er nicht die Lektüre des vorliegenden Artikels längst wegen Langeweile abgebrochen hat, schon mal vor die Nase gehalten.
Bedenklich ist dabei auch, dass sich lokale Medien offenbar derart vor den Karren spannen lassen, aber das ist eine andere Geschichte.

Der interessierte Bürger blickt wie Kafkas Landvermesser in die scheinbare Leere.

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