Dienstag, Mai 30, 2006

verdammt, wohin will mein arm?

Das kommt davon. Da läßt man sich mit einem Fliegenfischer ein und schon hat man den Leinensalat und möchte vor Scham im Sandboden versinken. Nicht, dass ich jemals angenommen hätte, diese abgedrehte Art Fische zu fangen, sei einfach, aber in der Realität ist es noch schwieriger, als vermutet. Also: Die Rute in die Hand, ist ja nicht schwer das Ding, mit dem die fischen. (Wichtig: Fischen nicht Angeln!)Das ist geschafft. Nur diese vermaledeite Bewegung will nicht klappen. Was so einfach aussieht, ist doch unheimlich kompliziert. Und diese Leine oder Schnur oder was auch immer will nun partout nicht dahin, wo sie hin soll. Handgelenk steif, locker aus der Schulter...nix da - ich sehe wohl eher aus, wie ein Alien auf Landgang. Und diese unglaublich fließende Bewegung, mit der der versierte Fliegenfischer dann acuh noch seine Schnur handelt, ist in Lichtjahren nicht zu denken. Meine Schulter fühlt sich eher wie ein rotierendes Kugelgelenk an, meine Hand möchte wieder die Buchseiten umblättern.
Aber: Es macht Spaß. Wirklich. Bis ich irgendwann mal annähernd so locker, wie diese Typen in Fliegenfischers Kultfilm durch den Bach tanze, bin ich endgültig grauhaarig, aber was solls. Mal sehen, wo es hier den nächsten Kurs gibt.

überleben in wismar




Trotz allem ist auch in Wismar noch Überleben möglich. Der Künstler Alfred Heth, den ich kurz nach der Wende kennenlernte, probt noch immer täglich den Kampf gegen Bisky-Bildchen und Neo Rauch. Angesichts der völligen Marktorientiertung dessen,was sich heute oft so zeitgenössische Kunst nennt, ein heftiges Unterfangen. Hier das Bild, an dem er zur Zeit arbeitet: Fische, genauer eine Meerforelle.

back in wismar

Ich gebe es zu: Ich bin ein Wessi. Aufgewachsen im tiefsten Westen, in Bonn, ist für mich einfach alles, was auf der "schäl Sick" liegt, also auf der falschen, der rechten Rheinseite, schon mal "Osten". Ich gebe auch zu, dass ich vor elf Jahren von der Existenz Lippstadts keinen blassen Schimmer hatte. Meine innere Kartographie war sehr einfach: Bonn, das Zentrum der zivilisierten Welt, Köln als heimliche Hauptstadt Deutschlands, dann die schäl Sick (Da fährt man nicht hin, das kennt man nicht, da wohnt man nicht, das ist igitt. Der Rhein ist eine natürliche Grenze und kein echter Rheinländer würde das abstreiten.): also das Bergische, Ruhrgebiet und so und dann kommt Dortmund. Hinter Dortmund ist die Welt ja zu Ende, also mit Brettern zugenagelt. Irgendwann kommt dann Hannover als Vorort und dann direkt Berlin.
Ich mußte dann lernen, dass es auch so etwas wie Westfalen gibt, sogar Ostwestfalen, von Harry R. liebevoll Falen genannt; ja heute lebe ich im westlichen Ostwestfalen - muß man sich auf der Zunge zergehen lassen. Aber das ist ein anderes Thema.
Damals, am Ende der eindeutigen Weltordnung, also zur Wende, war ich dann das erste mal im Osten, in der "Zone", wie meine Exschwiegermutter es immer nannte. Und noch dazu in Wismar. Die Assoziationen sind klar: Grau, Ratten, Kinski - "Meister, die Ratten..."- Hanse. Und damals war Wismar auch noch so. Wunderbar grau, herrlich morbide und verfallen. Und heute: Ein Schock in Vanille und Rosa. Gruselig. Müssen die denn alles kaputt renovieren? Muß alles im Einheitsabricot daher kommen? Die Fußgängerzone im kuscheligen Hellgrau, die Fassaden reizend pastellig getönt. Und erst der Hafen. Da kann ich ja gleich ins Disneyland fahren. Da fällt mir auf: Die Japaner waren auch schon da und knipsten begeistert die völlig verunstaltete Stadt.
Klar, die haben auch definitiv keinen Geschmack. In dieser Stadt kann man höchstens noch Rosamunde Pilcher verfilmen.

Montag, Mai 22, 2006

Er konnte so wunderbar "I want to fuck her" sagen...

montagmorgengedanken

was ist das nur für ein Land, in dem morgens um Acht schon Gewitter runterkommen? Und das auch noch Montags? Wo Montage doch eh die schiere Katastrophe sind. Prinzipiell verschwinden die Milchtüten aus dem Kühlschrank, jeder Brotrest diffundiert urplötzlich ins Bio-Nirwana, leere Aufschnittpapierchen vermehren sich im Kühlfach - ist so ähnlich, wie mit den einzelnen Socken, die im Loch im Raum-Zeit-Kontinuum verschwinden, das sich neben der Waschmaschine befindet.
Irgendwo in einem Paralleluniversum muß es einen Planeten geben, auf dem sich alle die einzelnen Socken befinden, die hier durch die besagten Löcher verschwinden. Vielleicht gibt es ja auch Aliens, die sich von solchen Socken ernähren? Oder es handelt sich um eine gigantische Energiequelle - also die Socken -, die hier auf der Erde von uns, ohne, dass wir es wissen, für Aliens angebaut wird? Oder wandern die Socken einfach von Waschmaschine zu Waschmachine? Ich werde mal meine Freundinnen fragen. Möglicherweise ist in ihren Wäschebütten ja genau die Socke gelandet, die ich schon ewig vermisse. Es könnte auch sein, dass Socken die wahren Beherrscher dieser Welt sind. Teil einer gigantischen Verschwörung, gesteuert vom großen Spaghetti-Gott.
Aber wo sind die Feuerzeuge, die auch immer verschwinden? Handelt es sich wirklich um Einwegprodukte, die einfach ihre ganze Existenz lang wandern? Immer die Einbahnstraße der Hosentaschen, Rucksäcke und Beutel entlang? Man sollte mal einen Aufkleber auf einem solchen Teil anbringen mit Telephonnummer. Wer weiß, wo die Dinger landen. Also, falls ihr in nächster Zeit über ein solches Feuerzeug stolpert, es in irgendeiner Kneipe oder einem Club auflest, schaut genau hin und ruft die Nummer an.

Freitag, Mai 19, 2006

es summt, es trommelt und es pfeift

erziehungsverpflichtete

Vorweg: ich hasse Kinder! Sie schreien, trampeln auf meinen Nerven herum, stellen oft dämliche Fragen, prügeln, labern bei Star Wars dazwischen, brauchen Jahrzehnte, bis sie halbwegs selbständig sind. Bis es soweit ist, zerstören sie die Wohnungseinrichtung, stören mein Sexleben, kosten einen Haufen Kohle und mich meinen festen Job.
Aber: ich liebe meinen Sohn. Er ist wunderbar. Intelligent, sozial kompatibel, liebt Star Wars und Batman, nervt meine Freunde und nicht mich. Und wenn er mich mit seinen dunklen Kulleraugen anschaut und "Mama, ich hab dich soooo lieb!" murmelt, dann schmelze ich dahin.
Noch mehr hasse ich jedoch die Menschen, die meinen, sich von berufswegen permanent in private Bereiche - sprich Kinderhaltung- einmischen zu dürfen. Besonders Lehrer und Familienpolitiker.
Wenn ich das schon höre: "Die Eltern sind schuld an der Bildungsmisere. Die Schule kann nicht die Defizite des Elternhauses auffangen." "Die Erziehungsberechtigten müssen.....(dann kommt wahlweise irgendwas)" Einfach gesagt: Als Mutter bin ich sowieso an allem schuld. Das Kind muckt auf - Schuld der Mutter. Es kann immer noch nicht schwimmen - Schuld der Mutter. Es ist müde - Schuld der Mutter. Das Kind ist nicht so, wie andere Kinder - Schuld der Mutter, die hat sich ja getrennt. Was nehme ich mir auch das Recht auf eigene Arbeit und ein eigenes Leben heraus. Mütter haben omnipotent zu sein, immer gut gelaunt, immer im unermüdlichen Einsatz für Pisa und den Staat.
Morgens stehen Mütter strahlend als erste auf, bereiten pfeifend ein biodynamisches Frühstück und Pausenbrot, kontrollieren den Ranzen, wecken die allerliebsten Kinderlein, die das gar nicht wollen. Mütter bleiben immer ruhig, sehen dabei toll aus, bringen die Kids gutgelaut zur Schule, sacken sie da dann Mittags entspannt wieder ein. Das Essen, natürlich ausgewogen, nix da mit Tiefkühlkram, steht fertig auf dem Tisch. Nach ein paar pädagogischen Einheiten mit wertvollen Lerneffekten (Mütter kennen die einschlägige Literatur und bilden sich stets bei der VHS fort)werden die Aufgaben gemacht. Danach noch geübt. Dann setzt der Taxidienst ein: Montags Schwimmen, Dienstags Musikunterricht, Mittwochs Therapeutisches Turnen, Donnerstags Interaktive Spielgruppe oder Schach, Freitags PC-Ag. Abends natürlich ein wertvolles Essen, dabei wird der Tag therapeutisch aufgearbeitet. Wenn die Kinderlein dann vorschriftsmäßig sauber und glücklich im Bettchen liegen und natürlich keinen Terror mehr machen, macht Mutter den Haushalt, dekoriert pädagogisch wertvoll die Bude (ich sage nur: Serviettentechnik, Organzavorhänge, Fensterbildchen), entspannt bei Yoga und Co. Liest noch eben die wichtigsten Publikationen wie "Eltern" etc. Dann opfert sie sich noch fix auf dem Altar der Liebe mit einem roten Schleifchen um den Bauch.
Und was hat Frau davon?