Freitag, Mai 19, 2006

erziehungsverpflichtete

Vorweg: ich hasse Kinder! Sie schreien, trampeln auf meinen Nerven herum, stellen oft dämliche Fragen, prügeln, labern bei Star Wars dazwischen, brauchen Jahrzehnte, bis sie halbwegs selbständig sind. Bis es soweit ist, zerstören sie die Wohnungseinrichtung, stören mein Sexleben, kosten einen Haufen Kohle und mich meinen festen Job.
Aber: ich liebe meinen Sohn. Er ist wunderbar. Intelligent, sozial kompatibel, liebt Star Wars und Batman, nervt meine Freunde und nicht mich. Und wenn er mich mit seinen dunklen Kulleraugen anschaut und "Mama, ich hab dich soooo lieb!" murmelt, dann schmelze ich dahin.
Noch mehr hasse ich jedoch die Menschen, die meinen, sich von berufswegen permanent in private Bereiche - sprich Kinderhaltung- einmischen zu dürfen. Besonders Lehrer und Familienpolitiker.
Wenn ich das schon höre: "Die Eltern sind schuld an der Bildungsmisere. Die Schule kann nicht die Defizite des Elternhauses auffangen." "Die Erziehungsberechtigten müssen.....(dann kommt wahlweise irgendwas)" Einfach gesagt: Als Mutter bin ich sowieso an allem schuld. Das Kind muckt auf - Schuld der Mutter. Es kann immer noch nicht schwimmen - Schuld der Mutter. Es ist müde - Schuld der Mutter. Das Kind ist nicht so, wie andere Kinder - Schuld der Mutter, die hat sich ja getrennt. Was nehme ich mir auch das Recht auf eigene Arbeit und ein eigenes Leben heraus. Mütter haben omnipotent zu sein, immer gut gelaunt, immer im unermüdlichen Einsatz für Pisa und den Staat.
Morgens stehen Mütter strahlend als erste auf, bereiten pfeifend ein biodynamisches Frühstück und Pausenbrot, kontrollieren den Ranzen, wecken die allerliebsten Kinderlein, die das gar nicht wollen. Mütter bleiben immer ruhig, sehen dabei toll aus, bringen die Kids gutgelaut zur Schule, sacken sie da dann Mittags entspannt wieder ein. Das Essen, natürlich ausgewogen, nix da mit Tiefkühlkram, steht fertig auf dem Tisch. Nach ein paar pädagogischen Einheiten mit wertvollen Lerneffekten (Mütter kennen die einschlägige Literatur und bilden sich stets bei der VHS fort)werden die Aufgaben gemacht. Danach noch geübt. Dann setzt der Taxidienst ein: Montags Schwimmen, Dienstags Musikunterricht, Mittwochs Therapeutisches Turnen, Donnerstags Interaktive Spielgruppe oder Schach, Freitags PC-Ag. Abends natürlich ein wertvolles Essen, dabei wird der Tag therapeutisch aufgearbeitet. Wenn die Kinderlein dann vorschriftsmäßig sauber und glücklich im Bettchen liegen und natürlich keinen Terror mehr machen, macht Mutter den Haushalt, dekoriert pädagogisch wertvoll die Bude (ich sage nur: Serviettentechnik, Organzavorhänge, Fensterbildchen), entspannt bei Yoga und Co. Liest noch eben die wichtigsten Publikationen wie "Eltern" etc. Dann opfert sie sich noch fix auf dem Altar der Liebe mit einem roten Schleifchen um den Bauch.
Und was hat Frau davon?

1 Kommentar:

Kirsten hat gesagt…

Du bloggst?!
Wie geil!
Und ein großartiger Text, aber ich hab nichts anderes erwartet!
:-*