Freitag, Dezember 12, 2008

Lippstadts Gesamtschule oder "mit dir spiele ich nicht mehr".

Es grenzt ja langsam an eine Provinzposse, aber eine von der bitteren Art.

Nur zur Erinnerung: Mündige Bürger wählen so alle paar Jahre ihre politischen Vertreter und erteilen diesen damit den Auftrag, in ihrem (also dem Bürgersinne) zu debattieren, abzuwägen und zu entscheiden.

Das Lippstädter Syndrom beginnt schon damit, dass offenbar viele gewählte Kommunalpolitiker den oben skizzierten demokratischen Weg längst vergessen haben. Der Lippstädter Bürgerwille tritt anscheinend nur alle paar Wahljahre auf den Plan - dann wird selbiger Bürger umworben und mit Versprechungen geködert - ganz wie im echten Leben der dusselige Hund mit dem Leckerli. Der Bürger, sorry, der Hund, gibt brav Pfötchen, bekommt das Leckerli und wird dann schnurstracks ins Körbchen geschickt.

Der Lippstädter Bürger darf auch fein ins Körbchen und da "Platz machen". Nun können Hunde (ein Segen) nicht reden - ihr Bellen reicht manchmal schon. Der gemeine Bürger kann das durchaus, also das Reden, und er kann so via Befragung seine Meinung zum Leckerli mitteilen.

Das taten die Bürger denn auch und forderten für ihre Jungbürger (das sind übrigens angehende Wähler) eine Gesamtschule. Soweit, so gut und auch völlig nachvollziehbar, angesichts der Bildungsmisere. (Eine Krise des deutschen Schulsystems, besonders der Hauptschule, wird ja von der CDU beharrlich weggeredet - ändert aber nix.)

Übrigens belegte eine Bonner Gesamtschule beim deutschen Schulpreis 2008 den zweiten Platz. Soooo furchtbar schlimm können Gesamtschulen also nun auch nicht sein - wobei ich hier mal einflechten muss, dass in meiner vielgeliebten rheinischen Heimat nun schon die vierte Schule dieser Art gebaut werden soll - auch aufgrund des Elternwillens und diese Eltern dort lassen sich nicht verschaukeln.

Apropos verschaukeln. Der hoffentlich geneigte Leser könnte sich ja langsam mal fragen, warum ich eigentlich am frühen Morgen so auf Schaum bin. Nun, wegen dieser Pressemitteilung der Stadt Lippstadt, die mir via Verteiler ins Postfach flatterte.

Alleine die Headline ist schon ein Brüller: "BM Sommer: "Ball liegt nicht bei uns"
Getätigte Aussage der Bezirksregierung zurückgenommen – Stadt hat ihre Hausaufgaben gemacht – INI muss Planungsstand offenlegen"

Aha, Herr Sommer steht als Anspielpunkt in Sachen Gesamtschule nicht zur Verfügung. Nach der Ballabgabe, die seiner Meinung nach stattgefunden hat, verzog er sich wohl in die Defensive (Viererkette mit Frau Bartmann-Salmen, Herrn Bäumer und einem unbekannten Neuling) und harrt da dem Gegenangriff? Ok, die stehen hinten tief drin, aber so macht man mit Sichheit keine erfolgreiche Kommunalkpolitik. Vielleicht hat Herr Sommer den Herrn Knapp einfach nicht lieb?

Was dann im Text folgt, ist eine lange Reihung von Versuchen, die Verantwortung von sich zuweisen. Das erinnert mich stark an die biblische Argumentation vom Splitter im Auge des Bruders (also hier der INI)und dem Balken im eigenen Auge. (Äh, bei Lukas, glaube ich.)
Was auch zu lesen ist, sind merkwürdige Argumente über Finanzierungen, über Anträge und drohende "Nichtmitentscheidungsmöglichkeiten" der Stadt. Hmm, für den unbedarften Bürger könnte der Eindruck entstehen, eine Schule in privater Trägerschaft sei ein absolutes Novum in der Lippestadt. Stimmt nicht, liebe Mitbürger, denkt da nur mal an das Evangelische Gymnasium (warum heißt das wohl so?) oder die Marienschule..oder Overhagen. Aber warum ist das in diesen Fällen alles viel besser und geradezu wünschenswert? Warum ist denn eine Gesamtschule eine so entsetzliche Bedrohung für Lippstadt? Was ist so furchtbar am Verzicht auf frühzeitige Selektion? Warum dieser Tanz ums goldene Kalb? Warum ist der Elternwille quasi Pillepalle?


„Viele Fragen sind hier noch offen geblieben“, stellt Bürgermeister Sommer abschließend heraus, „und die Antworten ist nicht die Stadt schuldig geblieben."

Das mit den offenen Fragen sehe ich auch so. Nur das mit den geschuldeten Antworten nicht.
Bei mir entsteht eine ganz neue Frage: Cui bono?

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