Dienstag, September 18, 2007

glitzerwelt altstadt-mall

i had a dream -

"wo vor jahren noch ein paar geschäfte und kneipen waren, rollt heute jeden samstag eine blechlawine. therese m., 86, bewohnerin des seniorenheims "zum abendrot", versucht seit einer halben stunde verzweifelt die cappelstraße zu queren. sie möchte in die innenstadt, um bei einem discounter ihre notwendigen medikamente zu kaufen.
keine chance. "jeden morgen um fünf kommen die anliefer-lkw. da ist an schlaf nicht mehr zu denken", erzählt sie. der regen prasselt auf den schirm, der an ihrem rollator festgebunden ist.
in der glitzerwelt der altsdtadt-mall tummeln sich derweil junge, finanzkräftige kunden. toby, 24, und charlene, 23, bummeln durch die ladenstraßen. sie kommen meist um die mittagszeit, nehmen beim "underground" ein kleines frühstück ein. dann trennen sich ihre wege. charlene geht ins basement zum naildesigner und facelifter aus china, während toby mit seinen kumpels in der bar die neusten spiele aus den usa anschaut. tabledance inklusive. den lästigen lebensmitteleinkauf erledigt schon ein profi-shopper für die beiden im "mauland". "wir finden es toll hier, so toby. auf die frage, ob er denn auch mal in die innenstadt geht, schaut er irritiert drein. "nee, da bin ich ja draußen. wir gehen nachher noch ins süder-carree, dann ins kino und später in die bar." wirkliche ausgänge gibt es ja auch gar nicht.
die altstadt-mall ist samstags-mittags richtig voll.
vom schlechten wetter merkt man hier nichts. angenehme 20 grad zum anstehenden weihnachtsfest. amerikanische christmas-songs dudeln aus den lautsprechern, über bildschirme flackert dauerwerbung. kein nervendes geschrei, denn die paar kinder, die es noch gibt, sind alle im "kids paradise" abegegeben worden. notfalls wird doch auch ritalin verabreicht, damit ruhe herrscht.
leise rieselt sanft der kunstschnee aus der glaskuppel. 50-cent-managerinnen springen im roten bikini mit weihnachtsmannmütze durch die galerie und verteilen lockgutscheine.
so auch christa, 24, die eigentlich biologie studiert hat: "hartz 6 reicht einfach nicht. also arbeite ich nun 50 h die woche hier. das bringt immerhin 250 euro." die schöne neue warenwelt kann sie sich nur sehnsüchtig anschauen. chice stiefel von "nespritt" für schlappe 300 euro sind für christa unerreichbar.
immer wieder sieht man schwarze sheriffs in den gängen. ihre aufgabe ist es, die vielen alten, obdachlosen und bettler aus der mall zu vertreiben. seit es in lippstadt keine nennenswerten arbeitgeber mehr gibt, haben auch viele bürger kein geld mehr für die heizung.
zur gleichen zeit auf der lange straße gähnende leere. die ruinen der ehemaligen modehäuser "luft" und "schenken" gammeln vor sich hin. das pflaster ist voller löcher. wer nach alternativen zur glitzernden mall-warenwelt sucht, ist hier verloren. nichtmal mehr 1-euro-läden gibt es hier. markt- und rathausplatz sind reine parkplätze mit shuttle-anschluß zu den malls geworden. der bürgermeister hat die stadt längst verlassen...."

hoffentlich nur ein albtraum

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