Donnerstag, Februar 24, 2011

Guttenberg, die Wertediskussion und die Gänsefüßchen

Ja, ich weiß, alle geben ihren Senf dazu, aber, hoffentlich geneigter Leser, ich kann einfach nicht anders. Es regt mich zu sehr auf und aus Gründen der Psychohygiene muss das raus.

Herr zu Guttenberg (hier würde mal wohl "nach" Guttenberg sagen) ist der wahrgewordene Traum diverser Schwiegermütter und -väter. Der Mann hat "gedient" (zwar in Mittenwald oder so...also Gebirgsjäger...also Urlaub), ist aalglatt, wertkonservativ, jung, macht auf dynamsch...hach, und er ist adelig.
Adel......das hat ja so einen magischen Beigeschmack für viele Bürger. Das klingt nach altem Geld, gutem Benehmen, Glanz und Glitter. Das stellt was dar und lässt Lieschen Müller begierig in der Rosa Post blättern. Wo wir doch keinen Kaiser mehr haben, sollten wir uns wenigstens so einen schneidigen Adeligen als Minister gönnen.

Wunderbar, dass den Cash-Dealers-United im hohen Alter dieses Glück zuteil wurde. Er hat eine hübsche Frau, die als Prinzgemahlin an der Front (ja, wir verteidigen die Heimat am Hindukush)eine gute Figur macht und Kinder hat er auch. Wobei die Mediengeilheit eines zu Guttenberg kaum noch zu toppen ist. Dschungelcamp ist Kinderkram dagegen.

Herr zu Guttenberg hat mal Jura studiert, aber nur das erste Statsexamen abgelegt. Naja, er war halt damals schon mit seiner politischen Karriere beschäftigt. Wirklich gearbeitet hat der Mann ja nicht. Seine hochgelobten Berufserfahrungen waren wohl eher praktikantischer Art. Dann hat der junge, aufstrebende, nicht gerade verarmte Mann sich ganz und gar der Politik verschrieben, sprich im faustischen Sinne seine Seele an den Meistbietenden (Karriere, Aufstiegsgeschwindigkeit, verfügbare Pöstchen, Entwicklungshilfe) verkauft. Soweit alles noch normal und bekannt in der Politszene. (Läuft in der hiesigen Provinz auch nicht anders.)

Der gute Mann möchte einen Doktor vor seinem Namen. Mit so einem profanen 1.Staatsexamen kann man ja auch keinen Staat machen, geschweige denn einen regieren(und das dürfte ja das Guttenbergsche Endziel sein. Ängie ist leider so gar nicht sexy und überhaupt nicht adelig - linientreue Pastorentochter ausser DDR halt). Dumm nur, dass er beim Abfassen (oder Abfassenlassen) seiner Dissertation so wenig Sorgfalt auf die Einhaltung wissenschaftliche Regeln und Codices gelegt hat. Wenn nur die Hälfte der angeblichen Plagiatsvorwürfe stimmt, reicht das schon. Copy und paste macht halt keine wissenschaftliche Arbeit.

Mal ehrlich: Schon in meinen Proseminaren (für die B.A.-Studenten: Das gab es mal. War so ne Art Minor) wäre ich mit so einem Abschreibtext nie und nimmer durchgekommen. Ich kann mich gut an den kollektiven Aufschrei an meiner Alma Mater erinnern, als herauskam, dass ein Prof. "mal eben" Texte von Studenten in seinen Fachartikel gepackt hat - er vergaß auch die Gänsefüßchen (Für die Unwissenden: Mit diesen Dingern kennzeichnet man Gedanken und Formulierungen, die nicht auf dem eigenen Mist gewachsen sind.).

Nun, Herr nach Guttenberg hatte das alles nicht nötig. Pfft, Quellen? Geistige Urheberschaft? Wen juckt das? Einen nach Guttenberg nicht.

Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass es diesem Herrn nicht aufgefallen ist (wenn er, wie behauptet, seine Diss selbst geschrieben hat), dass er hemmungslos geklaut hat. Sollte er als Halbjurist doch wissen und sooo gestresst kann er gar nicht gewesen sein, denn im Hause Guttenberg ist die Welt in Sachen Arbeitsteilung noch in Ordnung.

Entweder, der Mann ist geistig umnachtet oder er leidet an fortgeschrittener Demenz, da er sich ja an seine Diss irgendwie nicht mehr so richtig erinnern kann, obwohl er angeblich 7 Jahre dafür gebraucht hat, oder der gute, luftschnittige Adelsspross will uns alle mächtig verschaukeln.

Wenn er an Demenz leidet, taugt er sicher nichts für den Ministerposten. Nachher vergisst der noch, wo wir gerade Krieg führen oder startet irgendwelche Bomben, weil er den roten Knopf mit seinem I-Phone verwechselt.
Wenn er uns verschaukeln will, taugt er auch nicht für den Posten, denn dann ist er bereit, im vollen Bewusstsein seiner durchaus sträflichen Fehler, an seinem Amte und damit der Macht festzuhalten. Und das ist gerade bei einem Menschen, der mal eben kurz andere Menschen für ihre angeblichen Fehlleistungen (Gorch-Fock-Kapitän) in Grund und Boden verdammt, recht pikant.

Hmm, mich beschleicht ein sehr schales Gefühl, denn wie soll ich einem Menschen noch trauen können, der seine eigenen, lautstark propagierten Werte derart mit Füßen tritt, wenns in die eigene Karriereplanung passt? Und eigentlich möchte ich auch so gar nicht, dass dieser absolut gewissenlose Mensch über das Wohl und Wehe von Soldaten und Soldatinnen entscheiden darf. Nee, will ich nicht, denn er könnte ja auf die Idee kommen, selbige mal eben zu Bauernopfern in seinem Ego-Spiel zu machen.
Für die Cash-Dealers-United ein herber Schlag ins Kontor, denn sie haben ja niemanden, der über eine annähernde Popularität verfügt.

Was macht eigentlich Herr Geißler grade?

6 Kommentare:

Tobias Kraus hat gesagt…

Dass so ein Minister mal eben was fälscht und betrügt wundert ja nicht besonders. Was mich wesentlich mehr aufregt ist der Rückhalt den er in der CSU/CDU und FDP bekommt. Immerhin tritt er nicht nur seine Werte mit den Füßen sondern auch die genuin konservativen. Die Konservativen aber sagen: "Alles halb so schlimm."
Das gibt der Sache den Rest.

Anonym hat gesagt…

Nun bin ich mal gespannt, wie es weitergehen wird.Die SPD Doktoren,Redner und Redenschreiber müssten eigentlich kalte Füsse bekommen ach ja -und die anderen Neider ebenso.Wie heißt es so schön:Der werfe den ersten Stein..und wie war das noch mit dem Besen und der eigenen Haustür?Nun-es gibt keine Gleichheit beim Unrechtun.Ob deren Entschuldigung und das Eingeständnis eigenen Fehlverhaltens dann ebenso ausfallen wird?????Und dann wäre auch noch die Frage nach der Motivation zustellen,die bestimmte Menschen bewogen hat,beim Freiherrn zu beginnen und bei ihm auch wieder aufzuhören mit der Recherche......

annalog - rheinisch-westfälische völkerverständigung hat gesagt…

Ach, Herr oder Frau Anonym, da hilft es doch nicht, der bösen Opposition etwaiges Fehlverhalten vorzuwerfen. Herr Guttenberg hat betrogen, ganz einfach. Und das auch noch unglaublich dreist und umfangreich. Seine Platitüden ändern nichts daran. Sollen wir nun (wie von der CDU gewünscht) Mitleid mit dem armen Kerl haben? Nöö, das wäre ja noch das Letzte.
MIr persönlich ist es Hupe, welcher Partei der Mann angehört.
Bedenklich finde ich nur, dass gerade die CDU/CSU immer so fein Werte wie Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Sicherheit auf ihre Fahnen schreiben und dann nicht das Rückgrat haben, bei Verstößen dagegen entsprechend zu reagieren.

Anonym hat gesagt…

Der werfe den 1.Stein,-was soll noch getan werden? Na klar aus dem Amte jagen?Auch dann wären die Jäger noch nicht zufrieden. Strafrunden wie beim Biathlon?Ich glaube die kommenden Monate sind Strafe genug.Bei mir jedenfalls hat er eine 2.Chance!

annalog - rheinisch-westfälische völkerverständigung hat gesagt…

Wie ich der heutigen Presse entnehmen kann, bröckelt zu Guttenbergs Rückendeckung langsam weg und das sogar aus eben den Gründen, die ich auch genannt habe. Es ist eben kein Kavaliersdelikt, wenn man bei anderen Menschen deren geistiges Eigentum klaut und es als sein eigenes ausgibt. Auf Spiegel Online stand der Kommentar eines Wissenschaftlers, der ganz richtig bemängelt, dass mit zweierlei Maß gemessen würde. Ich Verkäuferin, die ein Stück Kuchen klaut, wird entlassen, ein zu Guttenberg, der das auch geklaut hat, soll bleiben dürfen.

G. Bente hat gesagt…

Was sind das nur für ungerechtfertigte Beschuldigungen unseres untadeligen Adligen!
Schon vor Tagen sah ich mich daher genötigt, ihm ein aufbauendes Schreiben zukommen zu lassen:

Verehrter Herr Ex-Dr., aber zumindest (noch) Verteidigungsminister,

lassen Sie sich nicht unterkriegen, bleiben Sie standhaft!
Diese lächerlichen peanuts, die Ihnen von verbrecherischen Oppositionspolitikern vorgeworfen werden,
verdienen doch nicht, weiter in der Öffentlichkeit diskutiert zu werden!
Jedermann in dieser Bananenrepublik weiß, wie hart Sie (an Ihrer Karriere) arbeiten,
sogar das Bildungsblatt der intellektuellen Deutschen hat das erkannt und
hält seine schützenden Schlagzeilen über Sie!

Lassen Sie sich in Ihrem Handeln nicht, wie z.B. einer Ihrer CDU/CSU-Politikgenossen, der verblichene Herr Dr. Dr. Uwe Barschel,
der, nur weil er mal ein Ehrenwort gebrochen hat, gleich über die Wupper ging, beeinflussen!
Denken Sie vielmehr an einen anderen prominenten Vorgänger aus Ihren Reihen, den allseits verehrten
Altbundeskanzler, Dr. Helmut Kohl, der ohne nachzudenken, sein eigenes Handeln über geltende Gesetze stellte,
indem er die großzügigen Spender illegaler Gelder für die Parteifinanzierung davor schützte, vor aller Öffentlichkeit in den Dreck gezogen zu werden!
Oder denken Sie an einen anderen honorigen Vorgänger aus Ihrer eigenen Partei, den ebenfalls schon verblichenen
Dr. Dr. Dr. Dr. Dr. Dr. (alles aber nur h.c. – und trotzdem, daran müssen und können sie noch arbeiten) Franz Josef Strauss,
der ohne jede Reue und ohne jedes Schuldgefühl diverse Skandale, von Fibag bis Spiegel, locker ausgesessen hat.
Der schaut jetzt bestimmt aus einem Höllenfenster und klatscht Ihnen begeistert Beifall.

Schon vor Tagen, als die niederträchtige Presse über Sie herfiel und von Täuschungen und Betrug bei der
Erlangung der Promotion schrieb, wurden Ihre ehrlichen Einwände, die Beschuldigungen seien ‘abstrus’
(Übrigens, kleiner Hinweis für Sie: So einfach geht das mit den Zitaten, Häkchen einfach schon beim Schreiben setzen...)
nicht hinreichend gewürdigt.
So sagte ich gleich meiner Frau, dieser grundehrliche Mensch hat bestimmt nicht getäuscht und betrogen, bei seiner Arbeitsbelastung wird
er sich die Promotion eh’ gekauft haben. Schuldig ist damit doch zwangsläufig der Ghostwriter und nicht Sie!
Sie sehen, der feinfühlige Bürger erkennt das sofort – er weiß schließlich, was er an Ihnen hat...

Besonders positiv hat mich in den letzten Tagen beeindruckt, wie elegant Sie an Ihrer Verteidigungsposition gearbeitet haben:
Von ‘abstrus’ bis zum ‘schweren Fehler’ haben Sie just in dem Augenblick, wenn wieder einer der widerwärtigen Enthüllungsjournalisten
eine Bombe los lies, eine passende Entschuldigung parat gehabt.
Das erinnert mich an vergangene Zeiten, als in Eckernförde mal ein Marinesoldat erschossen worden sein soll, nur weil er keine
Ausrede mehr wußte.
Ich bin sicher, das wird Ihnen nicht passieren - und damit schließt sich der Kreis auch irgendwie wieder:
Zumindest für mich haben Sie damit den Nachweis geführt, daß Sie als Verteidigungsminister unverzichtbar sind, außer, daß Sie
bei Ihren Qualitäten noch für höhere Weihen bestimmt sind. Ich vermute, unsere Angie weiß noch gar nicht, welche Schlange sie
an ihrer Brust nährt?!
Ach, da fällt mir noch was ein: Sie sollten unbedingt noch an den Promotionsregularien Ihrer Offiziere an den BW-Universitäten arbeiten:
Eine Disziplinarstrafe (bis hin zur Degradierung) ist in der heutigen Zeit doch nun wirklich der Situation nicht mehr angemessen.
Wenn gemogelt wird und man läßt sich erwischen, gibt’s was auf die Omme und wenn es keiner merkt, wird man Minister. So wird
ein Schuh daraus!

Also, werter Herr Verteidigungsminister, weiter so!

Mit freundlichen Grüßen,
Günter Bente