Mittwoch, Januar 28, 2009

Englisch für I-Dötzchen

Wie sagte gestern so schön eine Patientenmutter zu mir: "Gut, dass man vorher nicht weiß, was mit Kindern auf einen zu kommt."

Stimmt, und glücklicherweise sind die ersten 5-6 Jahre mit Kind noch halbwegs entspannt - der Horror kommt erst mit der Einschulung. (Von der Pubertät rede ich nun nicht - das ist worst case.)

Mal ganz abegesehen davon, dass nun schon fünfjährige Knirpse eingeschult werden sollen, die ihren Megatonno kaum wuppen können, steht nun auch Englisch ab der ersten Klasse auf dem Programm. Welch ein Illtum, um mit Fried zu sprechen.Der Nutzen dieses frühen Fremdsprachenunterrichts ist durchaus umstritten, was aber unser Kulturministerium in seinem blinden Aktionismus nicht stört.

Man stelle sich vor: Die Kids marschieren hoch motiviert in die Penne und wollen Lesen und Schreiben - immer noch die Kulturtechniken schlechthin - lernen. Bei 8-10% der Kids geht das nicht so locker, wie sich das alle Beteiligten denken - Buchstaben werden vertauscht, ganze Silben fallen auf dem Weg zum Blatt weg, Lesen klappt auch nicht richtig und der Frust bei Eltern und Kind ist groß. Wer Glück hat, landet bei einem fachlich versierten Diagnostiker und vielleicht auch bei einem entsprechenden Therapeuten - eine Lese-Rechtschreibstörung wächst sich halt nicht aus, auch wenn viele das noch behaupten.

Außerdem sitzen in den Klassen auch noch reichlich Kids, die ihre eigene Muttersprache kaum beherrschen oder einfach eine andere Sprache sprechen - soll vorkommen.

So weit, so ungut. Und diese Kids sollen dann auch noch ab der ersten Klasse Englisch lernen. Spielerisch versteht sich, aber dennoch.

Was ein Unsinn: Klein-Justin, der kaum die Zuordnung von Buchstaben und Lauten im Deutschen hinkriegt, soll nun gleich auch noch englische Aussprache lernen und englische Vokabeln, dabei fehlen ihm im Deutschen schon die Worte. Verwirrend, nicht wahr? Und bekanntermaßen ist das Englische nicht im entferntesten so lautgetrau, wie das Deutsche. Schön, wenn Klein-Lisa englische Liedchen trällern kann, besser wäre es, sie könnte auch deutsche Texte lesen und verstehen.

Wäre es da nicht besser, die ersten Grundschuljahre mit dem sicheren Erwerb der deutschen Schriftsprache zu verbringen? Vielleicht könnte man sich im zuständigen Ministerium ja mal Gedanken über die sinnvolle Förderung lese- und rechtschreibschwacher Kinder machen, anstatt wie irre dem Ideal einer globalisierten Schülernation hinterher zu laufen?

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Mein Tochter hat keinerlei Probleme neben der deutschen Sprache auch noch die englische zu lernen. Ihr macht es Spaß und ihr fällt es leicht. Und im Sommer kommt sie mit guten Grundkenntnissen auf das Gymnasium. Was soll daran falsch sein?

Anonym hat gesagt…

Jaaahaaa! Früh Fremdsprachen zu lernen, ist absoluter Quatsch. Mein Freund, der Janni kann zwar perfekt Deutsch _und_ Griechisch. Und David kann fließend zwischen Spanisch und Westfälisch wechseln. Und die Eltern der beiden können zwar eigentlich nur jeweils sehr gebrochen Deutsch reden. Aber früh mit sowas anzufangen, ist natürlich Humbug ;o)

annalog - rheinisch-westfälische völkerverständigung hat gesagt…

Bilingualität hat nix mit Fremdsprachen inner Schule zu tun, Andreas.

Anonym hat gesagt…

"Bilingualität" heißt erstmal "Zweisprachigkeit" und wird nur im engeren Sinne einzig auf muttersprachliche Fähigkeiten angewendet.

Und wie im anderen Post erwähnt: Es geht mir nicht darum, dass Fremd- und Muttersprache etwas Unterschiedliches sind. Ich wollte zeigen, dass Kinder mit einer zusätzlichen Sprache nicht unbedingt überfordert sein müssen. David und Janni sind nämlich zb. nach der Schule regelmäßig auch in den griechisch- bzw. spanisch-Unterricht gegangen.

Das war weder "nicht sinnvoll", noch hat einer meiner beiden Beispielkumpels einen Knacks, davongetragen. Zumindest keinen größeren, soweit ich das, also, weißt schon ...

annalog - rheinisch-westfälische völkerverständigung hat gesagt…

bilingualität bedeutet, dass kinder mit zwei sprachen in der familie aufwachsen, also nicht mit einer einzigen muttersprache, die auch der umgebungssprache entspricht. und das ist nun mal ein anderes paar schuhe.
und wenn deine kumpels auch noch muttersprachlichen unterricht in der freizeit hatten - sehr schön. nix dagegen. das heißt aber noch lange nicht, dass früher fremdsprachenunterricht in der schule auch wirklich sinnvoll ist.