Dienstag, März 27, 2007

"angriff auf die city" - kririk an den neuen centers

steht so zu lesen bei:

http://daserste.ndr.de/titelthesentemperamente/archiv/2006/t_cid-3417924_.html


"Angriff auf die City - Wie Einkaufszentren die Städte zerstören
Sendung vom 03.12.2006 23:00 Uhr (NDR)


Grossformatiges Bild

Die königlich preußische Bergwerksdirektion in Saarbrücken. So schön, dass sie unter Denkmalschutz steht. Zu schön nur für Büros, dachten sich findige Investoren. Nun soll die alte Treppe das Prunkstück eines Einkaufszentrums werden. Denn das ist derPlan:
Die Bergwerksdirektion als Shoppingmall. In bester Lage. Nebendran ist ja auch schon eine Galerie. Gibt zusammen den perfekten Einkaufstempel. Zugeschlagen hat ein Betreiber ausHamburg.
Gerhard Dunstheimer, Geschäftsführer der ECE, dazu: "Wir haben zusammen mit den Denkmalschützern in Saarbrücken, wie ich finde, eine sehr gute Lösung gefunden, wie man ein Denkmal auch wieder mit Leben füllen kann und wie man ein Denkmal auch wieder den Menschen zurückgebenkann."
Architektin Marlen Dittmann ist da anderer Meinung: "Sie sagen, der Denkmalschutz wäre ihnen sehr wichtig. Er ist ihnen auch wichtig, aber aus ganz anderen Gründen als uns. Er ist ihnen wichtig, weil sie mit einem denkmalgeschützten Gebäude Reklame machenkönnen."
Reklame für die schöne neue Warenwelt. In der Regel präsentiert auf mehreren Etagen, überdacht und beheizt. Das Erfolgsrezept: Bequem bekommen die Kunden, was sie brauchen. Von Brille zum Handy, vom Brot zur Hose - alles dabei. Keiner beherrscht das Geschäft so gut wie die Einkaufscenter-Entwicklungsgesellschaft, kurzECE.
Seit 40 Jahren bauen sie Einkaufstempel. Mittlerweile fast 100 in ganz Deutschland - früher auf der grünen Wiese, heute mitten in den Städten. Immer nach dem gleichen Prinzip: "Unsere Philosophie ist es, die hat uns unser Gründer mitgegeben, ein langfristiges Engagement für die Städte zu bringen, ein Partner für die Städte zu sein. Das heißt, wir sind immer daran interessiert, lange in den Städten zu bleiben und dort ein Miteinander zwischen bestehendem Handel und unseren Galerien zu schaffen und das stärkt die Attraktivität der Stadt", so Geschäftsführer GerhardDunstheimer.
Umstrittene Innenstadtbelebung
Die Center im Zentrum sollen die Innenstädte beleben. Doch sie sind umstritten. Kritiker warnen vor dem Ausverkauf der Städte: wo früher öffentlicher Raum war, hätten jetzt private Investoren das Sagen. "Angriff auf die City" nennen es die Herausgeber dieser aktuellenStreitschrift.
"Die Innenstadt braucht Lebendigkeit, das ist gar keine Frage. Wenn man da dann 30 oder 60 oder 100.000 Quadratmeter baut, dann macht man die Stadt an der Stelle auch kaputt, dann fahren die Kunden von hinten in das Parkhaus rein, sind drin, haben alles was sie brauchen und brauchen die Stadt dann nicht mehr", erläutert ECE-Kritiker WalterBrune.
Er muss es wissen: Walter Brune baute in Mühlheim an der Ruhr Deutschlands erstes Einkaufzentrum. Damals gefeiert als Meilenstein. Heute würde er es so groß wohl nicht mehr machen: "Aber dann hab’ ich auch nachher gesehen, gerade weil ich das da gemacht habe, wie verheerend das auf die Städte, die benachbart waren, Mühlheim, Oberhausen, Essen, sich das ausgewirkt hat, dass viele Läden dazumachten."
Wenn Innenstädte veröden - dann nicht wegen uns, sagt die ECE. Im Gegenteil: Die Einkaufszentren lockten Kunden überhaupt erst in die Stadt. Das helfe auch anderen Geschäften.Gerhard Dunstheimer: "Es gibt eine Gruppe, die da nachfragt und das sind die Menschen, das sind die Kunden, die ihre Wünsche haben an den Einzelhandel und die dort neue attraktive Angebote wollen in Ergänzung zu den bestehenden Angeboten in den Städten und deswegen fragen die Menschen nach auch nach neuen Formen, nach neuen Formen des Einzelhandels in unserenGalerien."
In Oldenburg plante die ECE dieses neue Center: und zwar auf dem Gelände eines maroden Hallenbades - direkt neben dem Schloss. Doch die Oldenburger wehrten sich. Sie sahen ihre Innenstadt mit der ältesten Fußgängerzone Deutschlands in Gefahr. Und wählten einen der schärfsten Kritiker des Einkaufszentrums zum Oberbürgermeister. So liegen die Pläne im Moment auf Eis.
Gerd Schwandner, Oberbürgermeister von Oldenburg dazu: "Das hätte was den Denkmalschutz angeht eine deutliche Beeinträchtigung bedeutet. Und es hätte für den Einzelhandel mit hoher Wahrscheinlichkeit die Konsequenz gehabt, dass das Center zu einer Umverteilung der Kaufkraft in das Center als Ergebnis hätte, plus dann natürlich in der Konsequenz eine ganze Reihe von Einzelhändlern schlichtweg keine Überlebensgrundlage schlichtweg mehr gehabt hätten, ökonomischgesprochen."
Sieht Einkaufen bald überall gleichaus?
Anderswo wird längst gebaut wie hier in Essen. Darüber hinaus plant die ECE mindestens 10 weitere Center. Die Städte freuen sich über Arbeitsplätze und Steuergelder. Aber sie geben ihre Kompetenzen an die Wirtschaft ab, so dieKritiker.
ECE-Kritiker Walter Brune: "Ich bin der Meinung, dass die Stadtplanung, die Stadtpolitik nicht so entstehen kann, dass da ein Investor kommen kann und sagt, ihr habt da Industriebrachen, da will ich was drauf bauen, freut euch mal darüber, sondern die Stadtplanung muss aus dem Bedürfnis der Stadt kommen. Der Investor, der mit seinem Gutachter kommt, der hochbezahlt ist, der macht doch allen was vor, das darf doch nichtsein."
"Das ist ein gemeinsames Miteinander. Wir sind seit über 40 Jahren in Deutschland tätig. Wir haben gute Verbindungen zu den Städten, die Städte kennen uns und wir kennen die Städte und so entwickelt man gemeinsam miteinander Überlegungen, gemeinsam miteinander Ideen, die man dann auch hoffentlich gemeinsam miteinander realisieren kann", erklärt der Geschäftsführer der ECE, GerhardDunstheimer.
In Saarbrücken hat das Miteinander gut geklappt. Stadtväter und Investoren sind sich einig: Konsum toppt Denkmalschutz. Denn Stadtväter wollen vor allem eines: Investoren nicht verschrecken. Nur: Dann sieht Einkaufen bald überall gleichaus."

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